Anschreiben und umfassende Bewerbungsunterlagen gelten als Auslaufmodell. Der Erstkontakt erfolgt heute durch kurze Nachrichten über soziale Netzwerke, Telefonate oder Video-Calls. Die Ausnahme: In klassischen Stellenausschreibungen werden häufig alle Unterlagen inklusive Anschreiben verlangt. Ob Bewerber das Anschreiben selbst verfassen, bleibt zumeist unklar. Woran Sie Fake-Anschreiben erkennen, welche Alternativen existieren, um gute Bewerber von weniger passenden Kandidaten zu unterscheiden und welche Bedeutung das Anschreiben heute noch hat erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das Anschreiben: ein Auslaufmodell?
Die Deutsche Bahn verzichtet seit 2019 auf das Anschreiben im Bewerbungsprozess und verzeichnete daraufhin steigende Bewerberzahlen. Viele große Unternehmen folgten diesem Beispiel. Zurecht, schließlich ringen Unternehmen um Fachkräfte und bauen Hürden ab. Übrigens: Für Headhunter hatte das Anschreiben noch nie eine Bedeutung. Inzwischen ist sein Stellenwert allgemein noch weiter gesunken. Trotzdem agieren einige Personalverantwortliche nach dem veralteten Schema: Bewerbungen ohne ausführliches Anschreiben werden aussortiert.
Bedeutung und Sinn des Anschreibens: damals und heute
Lange Zeit erstellten Bewerber ihre Unterlagen manuell. Das Anschreiben als persönlicher Brief verlieh der Bewerbung eine besonders individuelle Note. Der Einsatz von PC und Internet führte dazu, dass Serienbriefe und Massenbewerbungen per E-Mail den Wert des individuellen Anschreibens immer weiter reduzierten. Die Bewerbungsunterlagen werden immer häufiger bei Jobbörsen hinterlegt, eine Bewerbung erfolgt auf Knopfdruck. Darüber hinaus sorgt der Fachkräftemangel dafür, dass Bewerber an Einfluss gewinnen. Sie können zwischen mehreren Angeboten wählen – warum sollten sie mit einem individuellen Anschreiben punkten wollen?
Anschreiben vs. Motivationsschreiben: Wo liegt der Unterschied?
Aktuell ist der Übergang zwischen beiden Formaten fließend. Vor allem professionelle Ghostwriter erstellen Motivationsschreiben für Bewerber, damit diese sich von anderen Mitbewerbern abheben. Anschreiben und Motivationsschreiben sind ähnlich aufgebaut, setzen jedoch unterschiedliche Akzente. Während das Anschreiben neben dem Lebenslauf als fester Bestandteil der klassischen Bewerbung gilt, ergänzt das Motivationsschreiben die beiden Seiten. Es bietet die Chance, persönliche Stärken zu präsentieren und die Gründe für das besondere Interesse an der vakanten Stelle darzulegen.
Primacy-Effekt: Fehleinstellungen vorprogrammiert
Bei der Durchsicht von Bewerbungsunterlagen mit Anschreiben lesen Personalverantwortliche das Anschreiben zuerst. Was viele nicht wissen: Der Primacy-Effekt prägt in Form des ersten Eindrucks die Wahrnehmung der weiteren Informationen. Ein Kandidat, der eine Vorlage aus dem Internet nutzt oder dessen Anschreiben ein professioneller Ghostwriter erstellt hat, wertet seine Qualifikation künstlich auf und kaschiert Mängel im Lebenslauf. Ist einem Unternehmen diese Tatsache nicht bewusst, sind Fehleinstellungen die Folge. Ehrliche Bewerber werden aussortiert, weil sie sich schriftlich nicht perfekt ausdrücken können.
Was kann ein Anschreiben heute noch leisten?
Das Anschreiben vermittelt einen ersten Eindruck, wie ein Bewerber schriftlich kommuniziert. Diese Information kann für bestimmte Stellen, etwa in der Unternehmenskommunikation, relevant sein. Außerdem kann es Angaben enthalten, die nicht im Lebenslauf stehen. Dazu zählen Gehaltsvorstellungen, der mögliche Eintrittstermin und zusätzliche Erläuterungen zu Hard- und Softskills. Auch für Hinweise auf Empfehlungen, die aktuelle Position und die Motivation für die Bewerbung, stellt das Anschreiben den passenden Rahmen dar.
Verzerrter Eindruck: Anschreiben von verschiedenen Personen- und Berufsgruppen
Marketing- oder Vertriebsmitarbeiter verfassen professionelle Anschreiben mit Leichtigkeit. Dagegen bringen Bewerber mit Migrationshintergrund oder niedriger Qualifikationsstufe weniger aussagekräftige Inhalte zustande – das Anschreiben senkt eher die Bereitschaft dieser Personengruppen sich zu bewerben. Bei Top-Managern spielen Referenzen eine wichtigere Rolle. Übrigens: So überprüfen Sie deren Wahrheitsgehalt. Wechselwilligen Mitarbeitern, die vor zwanzig Jahren letztmalig eine Bewerbung erstellt haben, fehlt die Routine, sie sollten darauf Rücksicht nehmen. Lediglich bei Auszubildenden oder Hochschulabsolventen kann ein Anschreiben sinnvoll sein, da die Lebensläufe sich sehr ähneln.
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Selbst verfasste Anschreiben identifizieren: die wichtigsten Aspekte
Grundsätzlich gilt: Bei Bewerbungen für Stellen mit geringer formaler Qualifikation fehlt dem selbst verfassten Anschreiben meist der sprachliche Feinschliff. Dies gilt ebenso für Bewerbungen auf Ausbildungsplätze. Mit vierzehn Jahren ist die schriftliche Ausdrucksfähigkeit noch nicht fertig ausgereift. Anschreiben ohne jegliche Fehler können fast nur mit Unterstützung realisiert werden. Anschreiben und Lebenslauf müssen in Bezug auf Schreibstil, Form und Rechtschreibung zusammenpassen. Ghostwriter überzeichnen regelmäßig die Stärken der Bewerber. Fragen Sie im persönlichen Gespräch deshalb ganz konkret nach diesen Fähigkeiten.
Einblick in den Ghostwriter-Markt
Perfekt wirkende Anschreiben können darauf hindeuten, dass es von einem Profi verfasst wurde. Um sich einen Eindruck von den vorhandenen Möglichkeiten zu verschaffen, geben Sie in die Suchmaschine die Stichworte „Bewerbung erstellen lassen“ ein. Google findet rund sieben Millionen Ergebnisse – in weniger als einer Sekunde. Texter erstellen ab vierzig Euro auf der Basis von Lebenslauf und Stellenanzeige ein professionelles, individuelles und positionsbezogenes Bewerbungsschreiben. Es geht meist nicht wie der Lebenslauf auf harten Fakten ein, sondern enthält schwer überprüfbare, subjektive Angaben, etwa zu den Softskills.
Passive Bewerber ohne Anschreiben
Potenzielle Kandidaten, die durch Active Sourcing recherchiert oder über einen Headhunter vermittelt werden, reichen üblicherweise kein individuelles Anschreiben ein. Die Bewerber müssen lediglich einen aktuellen Lebenslauf erstellen und dem Recruiter übermitteln. Vor allem aufgrund des Fachkräftemangels kommt die Direktsuche durch Personalvermittler bei immer mehr Positionen zum Einsatz. Folglich werden Anschreiben immer seltener verlangt und ihre Bedeutung nimmt noch schneller ab.
Anschreiben als Resonanzkiller
Die Erfahrung zeigt: Wird ein Anschreiben verlangt, gehen weniger Bewerbungen ein. Besonders bei schwierig zu besetzenden Stellen kann dies zu Langzeitvakanzen führen. Lesen Sie hierzu auch, wie Sie Langzeitvakanzen generell vermeiden: 7 Recruiting Trends: Hype oder was funktioniert wirklich? Verzichten Sie in jedem Fall darauf, ein Pflichtfeld „Anschreiben“ auf der Jobwebsite einzurichten. Besser: Fügen Sie den Hinweis „Anschreiben ist kein Muss“ hinzu und freuen Sie sich über steigende Bewerberzahlen. Im Rahmen der Direktsuche können Sie ebenfalls davon absehen – dies gilt auch für Recruiting via Social Media. Der Lebenslauf reicht aus.
Sinnvolle Alternativen zum Anschreiben
Nutzen Sie die telefonische Bewerbervorauswahl in 10 Minuten. Damit können Sie Informationen überprüfen und vermeiden vorschnelle Absagen. Mit spezieller Eignungsdiagnostik zur Personalauswahl ergänzen und untermauern Sie die Eindrücke aus den Interviews. Die Interviews sollten strukturiert oder zumindest teilstrukturiert ablaufen, um Bewerber verlässlich miteinander vergleichen zu können. Nehmen Sie Abstand von reinen Bauchentscheidungen. Noch ein besonderer Hinweis: Führen Sie zwei bis drei Interviews mit unterschiedlichen Gesprächspartnern. Mitglieder der Fachabteilung zum Beispiel können gezielte Fragen stellen und so gleichzeitig den Einstellungsprozess beschleunigen.
Das Anschreiben heute – ein Fazit
Anschreiben werden mittelfristig vom Bewerbermarkt verschwinden. Liegt Ihnen trotzdem ein solches Schriftstück vor, sollte es nicht zu sehr ins Gewicht fallen – denken Sie an den Primacy-Effekt. Ergänzende Informationen tragen Bewerber im E-Mail-Anschreiben oder in Anmerkungsfelder der Bewerbermanagementsoftware ein. Idealerweise enthalten Stellenanzeigen den Hinweis, dass Sie auf ein Anschreiben verzichten. Solche Aussagen motivieren unentschiedene Kandidaten. Denn: Anschreiben gelten immer noch als Bewerbungskiller Nr. 1. Setzen Sie alternativ auf mehrstufige Auswahlprozesse, telefonieren Sie mehrmals mit einem zweifelhaften Kandidaten, statt ihm aufgrund seines Anschreibens abzusagen.
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